Unter welchen Voraussetzungen ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars ausnahmsweise doch erlaubt?

Von Präsidiumsmitglied Kati Kunze

 

Grundsätzlich ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars unzulässig (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO):

„Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (Erfolgshonorar), sind unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt.“

Ausnahmen sind also nur möglich, wenn und soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) diese vorsieht.

Die maßgebliche Regelung dazu findet sich in § 4a Abs. 1 RVG vor.

„Ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung) darf nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. In einem gerichtlichen Verfahren darf dabei für den Fall des Misserfolgs vereinbart werden, dass keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird.“

  • Das Erfolgshonorar darf nur für den Einzelfall vereinbart werden.

„Für den Einzelfall vereinbart“ bedeutet:

  • nur für einzelne Rechtsangelegenheiten und
  • nur mit einzelnen Mandanten

Der Anwalt muss also für jeden einzelne Mandanten und jedes einzelne Mandat individuell prüfen, ob die Voraussetzungen für ein ausnahmsweise zulässiges Erfolgshonorar vorliegen.

Dadurch wird verhindert, dass der Anwalt Erfolgshonorare generell anbietet (z.B. in allgemeinen Mandatsbedingungen oder zwar nur für einen bestimmten Mandanten aber aufgrund einer Rahmenvereinbarung für alle von diesem erteilten Mandate).

  • Voraussetzung für ein zulässiges Erfolgshonorar im Einzelfall ist, dass der Auftraggeber anderenfalls bei verständiger Betrachtung aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.

„Bei verständiger Betrachtung“ meint, dass die erfolgsbasierte Vergütung aus Sicht des Mandanten wirtschaftlich sinnvoll erscheinen muss.

Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Erfolgshonorars muss daher immer die individuelle Situation des Mandanten im jeweiligen Fall berücksichtigt werden. Erforderlich ist eine Betrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der finanziellen Risiken des Verfahrens.

Das Gesetz erlaubt bei Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen nicht nur mit dem völlig mittellosen Mandanten ein Erfolgshonorar zu vereinbaren, sondern auch dann, wenn der Mandant aufgrund der Prozessrisiken von der Rechtverfolgung abgehalten werden könnte. Ein Erfolgshonorar kann daher u.U. zum Einen zulässig sein, wenn der Mandant aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse die beabsichtigte Rechtsverfolgung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars nicht finanzieren könnte. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars kann aber auch dann zulässig sein, wenn unter Betrachtung des Kostenrisikos und der Erfolgsaussichten der Mandant aus wirtschaftlichen Gründen von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. In der Gesetzesbegründung wird dafür beispielsweise der Fall genannt, dass z.B. auch mit einem mittelständischen Unternehmen in einem großen Bauprozess im Einzelfall eine Erfolgsvergütung zulässig sein könnte. In Betracht kommen kann ein Erfolgshonorar z.B. auch bei Streitigkeiten, bei denen um Vermögenswerte gestritten wird, die den einzigen oder wesentlichen Vermögensbestandteil einer rechtsuchenden Person ausmachen, etwa bei einem Streit um einen Erbteil, einen Entschädigungsbetrag oder ein Schmerzensgeld.

  • Für Erfolgshonorare in einem gerichtlichen Verfahren erlaubt § 4a Abs. 1 Satz 2 RVG außerdem, dass für den Fall des Misserfolgs keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung vereinbart wird, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird. Hintergrund dieser Regelung ist, dass gemäß § 49b Abs. 1 BRAO in gerichtlichen Verfahren eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindestgebühren untersagt ist. Um aber auch in gerichtlichen Verfahren Erfolgshonorare (insbesondere in Form eines „no win no fee“) sinnvoll zu ermöglichen, bedarf es daher der Ausnahmeregelung. Im Gegenzug muss vereinbart werden, dass im Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung erfolgt.

Ob der Zuschlag angemessen ist, soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers aus der Sicht der Vertragspartner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beurteilen sein. Dabei sollen nach der Gesetzesbegründung bei der Beurteilung insbesondere zwei Umstände berücksichtigt werden:

  • Der Zuschlag muss umso größer sein, je weiter im Misserfolgsfall die gesetzliche Mindestvergütung unterschritten werden soll.
  • Der Zuschlag muss außerdem umso größer sein, je geringer die Erfolgsaussichten sind.
  • Liegen die Ausnahmevoraussetzungen vor, besteht gemäß § 4a Abs. 1 Satz 3 RVG grundsätzlich auch die Möglichkeit, mit Mandanten, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse Anspruch auf Beratungs- oder Prozesskostenhilfe hätten, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren.
  • Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine ausnahmsweise zulässige Erfolgsvergütung müssen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vorliegen.
  • Grundsätzlich und ohne Ausnahmemöglichkeit unzulässig sind Vereinbarungen, durch die der Rechtsanwalt sich verpflichtet, Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder Kosten anderer Beteiligter zu tragen (§ 49b Abs. 2 Satz 2 BRAO). Solche Regelungen dürfen daher auch nicht im Rahmen ausnahmsweise zulässiger Erfolgshonorarvereinbarungen getroffen werden.
  • Von vornherein schon keine Erfolgshonorarvereinbarung ist es, wenn lediglich vereinbart wird, dass sich die gesetzlichen Gebühren erhöhen sollen (§ 49b Abs. 2 Satz 3 BRAO). Dies gilt auch für gesetzliche Gebührentatbestände, die für den Erfolgsfall vorgesehen sind, wie die gesetzliche Einigungsgebühr, die gesetzliche Aussöhnungsgebühr, gesetzliche Erledigungsgebühren oder gesetzliche Befriedigungsgebühren.
  • Die formellen Anforderungen an ein ausnahmsweise zulässiges Erfolgshonorar ergeben sich aus § 4a Abs. 2 und Abs. 3 RVG.
Kammerton 12-2020