RA Elmar Esser, 1. Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung (DIJV), antwortet

Rechtsanwalt Elmar Esser

Elmar Esser ist Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten Vereins- und Verbandsrecht sowie Wirtschaftsrecht. RA Esser ist 1. Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung. Im Kammerton 05/2023 und im Kammerton 09/2023 hatte er vor der Justizreform in Israel gewarnt.

 

Warum sind Sie Rechtsanwalt geworden?

Weil ich erkannt habe, dass die anwaltliche Unabhängigkeit persönliche Unabhängigkeit bedeutet.

 

Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?

Hans Litten: Mutig und unbeirrbar hat er sich den Nationalsozialisten entgegengestellt.

 

Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?

Zugewandtheit, Einfühlungsvermögen und Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge.

 

Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?

Demjenigen, der unabhängig gestalten will.

 

Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?

In Zeiten, in denen an der verfassungsmäßigen Ordnung gerüttelt wird, erlangt § 1 Abs. 2 Berufsordnung für mich eine überragende Bedeutung: „Die Freiheitsrechte des Rechtsanwalts gewährleisten die Teilhabe des Bürgers am Recht. Seine Tätigkeit dient der Verwirklichung des Rechtsstaats.“

 

Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?

Deutlich zu machen, dass Israel ein demokratischer Rechtsstaat ist, der das legitime Recht auf Selbstverteidigung hat.

 

Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?

Die tiefe Verbundenheit mit Land und Leuten vor dem Hintergrund der Shoah, mit der Deutschland unermessliches, bis heute währendes Leid über die Juden gebracht hat.

 

Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?

Wenn mir an einer Sache etwas liegt, ist der zeitliche Aufwand sekundär.

 

Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?

Sich umfassend damit auseinanderzusetzen, ob und falls ja, in welchem Umfang, Entwicklungen wie AI den Anwaltsberuf verändern könnten.

 

Nutzen Sie soziale Netzwerke?

Lediglich LinkedIn und das auch nur in Maßen. Ich halte das Verhältnis von Aufwand und Ertrag bei diesen Netzwerken in Teilen für überbewertet.

 

Was macht Sie wütend?

Derzeit besonders: Der Versuch, unser Land von interessierter Seite systematisch kaputt zu reden und zu schreiben.

 

Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?

Der Gleichgültigkeit, mit der weite Teile unserer Gesellschaft zusehen, wie unserer demokratischen Verfasstheit das Wasser abgegraben wird. Titel: „Was bitte muss denn noch geschehen?“

 

Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?

Das beA. Es erleichtert die Abläufe erheblich.

 

Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?

Mit meinem Buchhändler. Es muss herrlich sein, den ganzen Tag schmökern zu können.

 

Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?

Diese Zeiten sind – Gotteseidank- vorbei.

 

Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?

Ich bin eher „hands on“ und für eine pragmatische Lösung. Das kann Stärke und Schwäche zugleich sein.

 

Ihr größter Flop?

Der Versuch, mit einer Unterrichtsstunde pro Woche mal eben Hebräisch zu lernen.

 

Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?

Deutschlandfunk und diverse Zeitungen (FAZ, Tagesspiegel, Ha’aretz, New York Times). Fernsehen habe ich abgeschafft.

 

Ihr liebstes Hobby?

Lesen.

 

Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?

Den Schritt in die Selbstständigkeit würde ich ex post gesehen früher treffen.

 

Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?

Manchmal muss man einfach machen.

 

Kammerton 06-2024