Der Anwaltssenat beim Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20.03.2023 – AnwZ (Brfg) 12/21 – die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15.01.2021 – 1 AGH 10/20 –bestätigt. Die Entscheidung, einem Volljuristen die Zulassung zu versagen, der als Angestellter einer nicht-anwaltlichen Leiharbeitsfirma in eine Anwaltskanzlei zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen entliehen wurde, war demnach rechtmäßig.
Der Bundesgerichtshof hat in dem Grundsatzurteil ausführlich begründet, dass im zu entscheidenden Fall eine Zulassung als niedergelassener Rechtsanwalt im Sinne von § 46 Abs. 1 BRAO nicht möglich war, da die entleihende Kanzlei nicht Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers war. Der BGH führt aus: „Dass dem Entleiher während der Überlassung […] ein fachliches bzw. tätigkeitsbezogenes Weisungsrecht gegenüber dem Leiharbeitnehmer zusteht, ändert nichts daran, dass zwischen ihnen kein Vertrag, sondern nur ein vertragsähnliches Beschäftigungsverhältnis besteht.“ (Rz. 36) Zum anderen sei dieser Leiharbeitnehmer aber auch nicht für seinen Arbeitgeber (hier die Leiharbeitsfirma) anwaltlich tätig, sodass eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach § 46 Abs. 2 BRAO ebenfalls ausschied.
Die Frage, ob der Arbeitgeberbegriff im Sinne von § 46 Abs. 1 und 2 BRAO funktional dahingehend ausgelegt werden kann, dass sich die Arbeitgebereigenschaft (auch) auf den Entleiher erstreckt, verneinte der Bundesgerichtshof und führte dazu aus, dass der Wortlaut des § 46 Abs. 1 BRAO für eine solche Auslegung keinen Anlass biete. Auch spreche die Gesetzesbegründung zu den Regelungen einer Anstellung als Syndikusrechtsanwalt/-wältin für ein vertragspartnerbezogenes Verständnis des Arbeitgeberbegriffs in § 46 Abs. 1 BRAO. Ferner ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch eine andere Auslegung aus systematischen und/oder teleologischen Erwägungen nicht geboten; ebenso wird eine Analogie mangels planwidriger Regelungslücke abgelehnt.
Schließlich kommt der Anwaltssenat zu dem Ergebnis, dass die vorbezeichnete Auslegung des § 46 BRAO auch keinen verfassungs- und/oder europarechtlichen Bedenken begegnet. Der BGH weist darauf hin, dass es zahlreiche alternative Gestaltungsformen gebe, die für die Beteiligten im Vergleich zur Arbeitnehmerüberlassung allenfalls mit geringfügigen Nachteilen verbunden wären. (Rz. 75)
Zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.03.2023 – AnwZ (Brfg) 12/21 –