Rechtsanwalt André Feske, Präsidiumsmitglied der RAK, antwortet
Seit 1998 ist RA André Feske als Rechtsanwalt in Berlin zugelassen. Nach Stationen in Zehlendorf und Schöneberg zog er im Frühjahr 2009 mit seinem Büro nach Berlin-Prenzlauer Berg um.
André Feske ist seit 2013 Mitglied des Vorstands der Rechtsanwaltskammer Berlin. Inzwischen ist er Vorsitzender der Abteilung VI und gehört dem Präsidium an.
Seit 2015 ist RA Feske Beauftragter der RAK Berlin für die Berufsausbildung der Rechtsanwalts- und Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten.
Warum sind Sie Rechtsanwalt geworden?
Als Schüler im Westberlin der 70er Jahre hatte ich Gelegenheit, als Zuschauer an einer mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts in einer beamtenrechtlichen Disziplinarsache teilzunehmen. Das Auftreten des Klägervertreters in diesem Termin hat mich nachhaltig beeindruckt. Die Sache seines Mandanten vertrat er in einem, nach meiner Erinnerung mindestens halbstündigen, frei gehaltenen Vortrag nicht nur kenntnisreich sondern auch mit großer Verve. Nach Verlassen des Plenarsaals stand mein Entschluss fest. Einem unbeachteten und unpopulären Standpunkt in dieser Weise Gehör verschaffen, das wollte ich auch können.
Ihre Vorbilder in der Anwaltschaft?
Eben dieser Kollege. Aber auch viele andere, meist Strafverteidiger. Jene, die, wenn es für den Mandanten darauf ankommt, unerschrocken und engagiert dessen Interessen konsequent bis zum Ende wahrnehmen. Auch wenn es unpopulär ist.
Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Rechtsanwältin oder ein guter Rechtsanwalt haben?
Empathie, Gelassenheit und Kommunikationstalent. Gute Rechtskenntnisse setze ich als selbstverständlich voraus, die allein aber bei weitem nicht genügen. Den Mandanten als Menschen zu begreifen, nicht auf „sein Problem“ zu reduzieren, sollte der erste Schritt der Mandatsbearbeitung sein. Kommunikationstalent ist für die Auseinandersetzung mit der Gegenseite unabdingbar. Nur wer den „Empfängerhorizont“ kennt, kann erfolgreich kommunizieren. Gelassenheit im Umgang, auch wenn sie bisweilen schwerfallen mag, fördert die Zielerreichung ungemein und ist kein Zeichen mangelnden Engagements, sondern Ausdruck der notwendigen professionellen Distanz.
Wem empfehlen Sie, den Anwaltsberuf zu ergreifen?
Wer etwas ändern will, anstatt sich mit als unbefriedigend empfundenen Zuständen nur abzufinden. Wem die Juristerei nicht nur als „Broterwerb“ dienen soll, sondern als Werkzeug für konstruktiven Streit um bessere gesellschaftliche Verhältnisse. Wer bereit ist, dafür den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen, anstatt nur weisungsgebunden juristische Fallakten abzuarbeiten.
Welche berufsrechtlichen Vorschriften für die Anwaltschaft halten Sie für notwendig oder aber für überflüssig?
Unverzichtbar für die Anwaltstätigkeit sind für mich das Recht und die Pflicht zur Verschwiegenheit, das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen und die anwaltliche Unabhängigkeit. Über vieles andere wird immer wieder neu zu diskutieren sein. Das Berufsrecht ist im Wandel. Für überflüssig halte ich es z. B., die bestehende Fortbildungspflicht immer weiter auszubauen und noch durch Zertifizierungen zu regulieren.
Worum geht es Ihnen bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in nächster Zeit?
Im Berufsbildungswesen ist es die Durchführung der schriftlichen und mündlichen Abschlussprüfungen für unseren Fachkräftenachwuchs unter „Corona-Bedingungen“. Im Gesamtvorstand ist es die Aufgabe, der Berliner Anwaltschaft Möglichkeiten aufzuzeigen und Mittel an die Hand zu geben, um im digitalen Wandel bestehen zu können. Das betrifft nicht nur technische Fragen des Elektronischen Rechtsverkehrs. Es geht auch darum, in Politik und Gesellschaft die Systemrelevanz einer unabhängigen Anwaltschaft für den Rechtsstaat zu verdeutlichen und dem gegenwärtigen Hype um „Legal-Tech“- Unternehmen als angeblicher Alternative etwas entgegen zu setzen.
Was war Ihr Beweggrund für dieses Ehrenamt?
Nach 15 Jahren Berufstätigkeit und fast ebenso vielen selbst besuchten Kammerversammlungen fühlte ich mich reif, meinem Unmut fortan selbst Luft zu machen. Darum habe ich im März 2013 für den Vorstand kandidiert. Zu meiner Überraschung wurde ich tatsächlich gewählt.
Wieviel Zeit benötigen Sie für diese Aufgabe?
Das ist sehr unterschiedlich. In einigen Jahren war es übermäßig viel, aber eben notwendig. Insgesamt lässt sich der erforderliche Aufwand aber meist gut planen und mit Unterstützung durch ein gut organisiertes Büro auch für einen „Einzelkämpfer“ wie mich in den Arbeitsalltag integrieren.
Wofür fehlt der Anwaltschaft die Zeit?
Dafür, den Stellenwert einer unabhängigen Anwaltschaft für jeden Bürger und jedes Unternehmen auch in der breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Daran sollten alle Kammern und die sonstigen Berufsverbände der Anwaltschaft verstärkt arbeiten. Im Alltag vieler Kanzleien kommt außerdem die Zukunftsplanung immer noch zu kurz. Dazu gehören nicht nur neue Technik und der Umgang damit, sondern gerade auch die Wünsche, Bedürfnisse und Verbesserungsvorschläge der eigenen Mitarbeiter.
Nutzen Sie soziale Netzwerke?
Nur im privaten Bereich und ausschließlich themenbezogen. In einem Forum für Motorradtechnik bin ich als Co-Administrator aktiv und verwalte mit anderen über 17.500 aktive Benutzer.
Was macht Sie wütend?
Ich versuche, mich nicht aufzuregen. Das gelingt nicht immer. Schlechter Journalismus macht mich wütend. Ärgerlich sind Schreiben und Schriftsätze von Kollegen, die sich nicht an der Sache abarbeiten, sondern nur Stimmungsmache gegen die Partei und zuweilen auch den „Gegneranwalt“ betreiben.
Welchem Thema würden Sie ein Buch widmen und mit welchem Titel versehen?
Das Schreiben von Büchern überlasse ich lieber anderen. Ich lese nur. Damit ist der Literatur besser gedient. Zuletzt hat mich „Justizpalast“ von Petra Morsbach beeindruckt.
Welche Veränderungen im Berufsalltag schätzen Sie besonders?
Die durch Vernetzung und Digitalisierung geschaffenen Möglichkeiten. Die Kontaktbeschränkungen der letzten Wochen hat mein Büro auch dadurch gut überstanden. Jeder der es will, kann nahezu überall so arbeiten als wenn er selbst im Büro wäre. Das schafft neue Freiheiten.
Mit wem würden Sie gerne einen Tag die Rolle tauschen?
Mit dem Journalisten Frank Bräutigam, dem Rechtsexperten der ARD
Haben Männer es in ihrem Beruf leichter als Frauen?
Das kann ich aus eigenem Erleben nur schlecht beurteilen. Vermutlich ist es aber immer noch so.
Welche Stärken und welche Schwächen haben Sie?
Ich bin vor allem ungeduldig.
Ihr größter Flop?
Im ersten Jahr meiner Zulassung wollte ich mich an einer bestehenden Sozietät beteiligen, deren Auseinanderbrechen aber schon unvermeidlich war. Mit mehr Berufserfahrung und besserer Menschenkenntnis hätte ich das damals vorhersehen können.
Was lesen / hören / schauen Sie morgens als erstes?
Ich lese zum morgendlichen Espresso kursorisch den Tagesspiegel und/oder die taz. Unterwegs höre ich meist Deutschlandradio.
Ihr liebstes Hobby?
Im Sommer: Motorradfahren. Im Winter: Metallbearbeitung. Ganzjährig: Lesen.
Welche berufliche Entscheidung würden Sie rückblickend anders treffen?
Keine. Aus jedem Rückschlag habe ich etwas gelernt. Das gehört für mich zum Anwaltsdasein.
Welcher Rat hat Ihnen auf Ihrem Berufsweg besonders geholfen?
„Die Erhaltung der eigenen Arbeitskraft gehört zur professionellen Berufsausübung.“ Für diesen Rat aus dem Jahr 1996 bin ich dem Kollegen Rembert Brieske aus Bremen bis heute dankbar.